Verband Schweizerischer Polizei-Beamter VSPB

18. Forum «Innere Sicherheit»® 07.11.2023 Casino Bern

Polizeiberuf: Wie sieht die Zukunft aus?

Der Schweiz fehlen Tausende von Polizistinnen und Polizisten. Dieses Problem verfolgt uns schon seit langem, und trotz unserer Bemühungen ist es uns noch nicht gelungen, die Lücken zu schliessen. Jede Region, ob kantonal oder kommunal, kennt ihre Probleme und muss ihre Ressourcen so gut wie möglich verwalten. Im Allgemeinen bestätigen jedoch alle, dass es schwierig ist, das nötige Personal zu rekrutieren, auch um Abgänge zu ersetzen.

Von vielen Seiten wurde erkannt, dass der Polizeiberuf im Vergleich zur Privatwirtschaft attraktiver und wettbewerbsfähiger gestaltet werden muss. Alle müssen ihren Teil dazu beitragen, die Politik, die Polizei und ja, auch die Mitarbeitenden.

Dazu bedarf es ausreichender materieller und personeller Ressourcen, eines günstigen Arbeitsklimas, optimaler Bedingungen für Teilzeitarbeit und Flexibilität beim Eintritt in den Ruhestand, einer der Aufgabe angemessenen Entlohnung. Die Liste ist natürlich nicht vollständig.

Es gibt also viele offene Fragen: Wie kann dieser schöne und interessante Beruf attraktiver gemacht werden? Welche Aspekte sind bei der Vergütung, dem Ruhestand, der Arbeitszeit und anderen Aspekten vorrangig zu berücksichtigen? Gehören alle Aufgaben, die der Polizist ausführt, zu seinem Aufgabenbereich? Entspricht das Berufsbild der Polizistin den Aufgaben und Fähigkeiten, die ausgeführt werden? Sind die Einstellungsbedingungen noch zeitgemäss? Was wird unternommen, um uns der jungen Generation näher zu bringen?

Auf diese und andere Fragen haben der VSPB und seine Gäste versucht, Antworten zu geben, damit wir kurz- und mittelfristig gangbare Wege aufzeigen können. Die Uhr tickt und wir müssen reagieren. Alle zusammen.

Referent/-innen


Sylvie Bula, Kommandantin Kantonspolizei Waadt

Die Polizei in der Schweiz, eine der Säulen der Gesellschaft, stösst bei der Rekrutierung auf neue Hindernisse. Die Zahl der potenziellen Kandidaten/-innen für den Polizeidienst nimmt ab, was auf eine Veränderung des Berufsverständnisses hindeutet. Für diese Entwicklung dürften mehrere Faktoren verantwortlich sein. Die Covid19-Pandemie, die zur Umorientierung der Menschen führte, aber auch der Generationenwechsel mit dem Ausscheiden der Babyboomer und der Ankunft der Generation Z haben zu dieser Situation beigetragen. In Zeiten der Hochkonjunktur wird es zudem schwieriger, Mitarbeitende zu rekrutieren. In einer solchen Situation sollten wir nicht an unseren Ansprüchen feilen, da unsere Fähigkeiten und unser Image entscheidend für unsere Glaubwürdigkeit sind. Eine Modernisierung bestimmter Aspekte des Personalmanagements kann jedoch von Vorteil sein. Wir müssen die neuen Erwartungen der heutigen Generationen berücksichtigen. Die Vorstellung, dass Mitarbeitende ihr Leben einer einzigen Organisation widmen, tendiert dazu, sich aufzulösen. Im Jahr 2023 sind berufliche Mobilität und Flexibilität real und sollten als Chance wahrgenommen werden. Angesichts dieser Herausforderungen geht es nicht mehr nur darum, die Attraktivität des Polizeiberufes zu verbessern, sondern aktiv an der Förderung zu arbeiten. Anstatt sich zu fragen, wie man einen Polizisten oder eine Polizistin davon abhalten kann, zu kündigen, sollten sich die Bemühungen auf die Schaffung eines attraktiven Umfelds konzentrieren, das den Wunsch weckt, zu bleiben und sich weiterzuentwickeln!


Yaël Meier, Mitgründerin Zeam

Akif Ekin, Gründer Ekin AG

In Zeiten des Fachkräftemangels muss auch die Polizeibranche mit der Zeit gehen und sich den Ansprüchen der Berufseinsteiger/-innen anpassen. Denn in den nächsten zehn Jahren werden 30 % mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt austreten als eintreten. Das ist eine unglaublich grosse Lücke, die irgendwie gefüllt werden muss, was den Kampf um Talente extrem machen wird. Konkret bedeutet das, dass sich Unternehmen damit befassen müssen, wie sie Talente für sich gewinnen und halten können. 85 % der Generation Z sind täglich aktiv auf Social Media. Wenn man uns also ansprechen will, muss man da sein, wo wir sind. Das gilt auch für die Polizeibranche. Und da gibt es bereits Beispiele, die einen sehr guten Job machen. Auf Tiktok begeistert die Aargauer Kantonspolizei authentisch junge Menschen. Um junge Talente zu halten, muss man sich damit auseinandersetzen, was ihre Ansprüche sind. Um das herauszufinden, haben wir eine grosse Studie mit dem führenden Marktforschungsinstitut Link durchgeführt und sehr spannende Resultate zur Generation Z auf dem Arbeits markt bekommen. Mehr dazu erfahrt ihr bei meiner Keynote am Forum «Innere Sicherheit»!


Reto Nause, Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie der Stadt Bern

Fachkräftemangel ist wohl das Wort des Jahrzehnts. Überall läuft es auf eine Spezialisierung hinaus. Man muss mit den Veränderungen und der Geschwindigkeit dieser Prozesse Schritt halten können, während die Aufgaben komplexer werden. Beispiele sind hier die Cyberkriminalität, Schwarzarbeit oder der Menschenhandel. Die Anforderungen an die Polizeikräfte verändern und verschieben sich. Aber eben nicht nur. Gerade bei der Polizeiarbeit ist die physische Präsenz, der zwischenmenschliche Kontakt ein unverzichtbarer Bestandteil. Die Kunst erfolgreicher Polizeiarbeit ist das Teamwork: Die Verbindung von persönlichen Fähigkeiten, Spezialwissen und Erfahrung. Sei es «auf der Strasse» oder in einem Fachgebiet. Und hier muss die Politik einsetzen. Es muss möglich sein und werden, dass Ermittlungsarbeit durch die Gesetzgebung unterstützt und nicht behindert wird. In einer immer digitaleren Gesellschaft müssen die koordinierte Zusammenarbeit und der Informationsaustausch über die einzelnen Be hör den stellen hinaus verbessert, vereinfacht und vor allem beschleunigt werden. Der Datenschutz ist ein hohes und schützenswertes Gut. Aber er muss zeitgemäss und realitätsnah sein. Er darf die Ermittlungsanstrengungen nicht behindern. Nur dann kann man mit den Entwicklungen im gesellschaftlichen Leben Schritt halten und auch ein zeitgemässes, spannendes und zukunftsorientiertes Arbeitsumfeld schaffen.


Nadine Vögeli, Präsidentin Personalverband Polizei Kanton Solothurn und Kantonsrätin Solothurn

Flache Hierarchien, agile Leadership, New Work – alles Schlagworte, welche die Arbeitswelt in den 2020er-Jahren prägen. Doch wo steht die Polizei bezüglich dieser Themen? In einem historisch stark hierarchisch geprägten Umfeld braucht es vielleicht mehr Zeit, um auf solche Strömungen zu reagieren. Dazu kommt der öffentliche Auftrag, welcher ein, zumindest teilweise, enges Korsett darstellt. Und vielleicht ist es ja auch gut, wenn nicht auf jeden Zug aufgesprungen wird. Mancher Trend entwickelt sich im Nachhinein als Flop. Klar ist aber, dass der Polizeiberuf wieder attraktiver werden muss. Mehr Mitspracherecht bei der Einsatzplanung, Karrieremöglichkeiten trotz Teilzeitarbeit, anständige Löhne und vor allem auch Inkonvenienzen sollten selbstverständlich sein. In einer Zeit, in der in der Privatwirtschaft Vollbeschäftigung herrscht, hat es die Polizei schwerer als sonst. Geht es der Wirtschaft gut, hat der Staat eher Schwierigkeiten, die Stellen zu besetzen. Wenn ich aber mit Polizisten und Polizistinnen spreche, sehe ich oftmals, wie diese für ihren Beruf brennen. Es ist spannend, es ist vielseitig, man hat verschiedene Richtungen, in die man sich entwickeln kann. Negativ ist sicher der grosse Anteil an Administration. Hier ist zu hoffen, dass die verschiedenen Digitalisierungsprojekte Erleichterung bringen werden. Einer der wichtigsten Punkte aber: die direkten Vorgesetzten. Sie können viel zu einem lustvollen Arbeitsumfeld beitragen.


Emmanuel Fivaz, Vize-Präsident VSPB

Der Vizepräsident des VSPB, Emmanuel Fivaz, präsentiert die Resultate der VSPB-Umfrage zur Attraktivität des Polizeiberufes. Rund 7600 Mitglieder haben an der Umfrage teilgenommen.

Resultate der VSPB-Umfrage zur Attraktivität des Polizeiberufes.

Glossar zur Präsentation


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