17. Forum «Innere Sicherheit»®
Grüässäch in Bärn. Endlich war es so weit und der VSBP durfte rund 140 Gäste am 17. Forum «Innere Sicherheit» im Casino Bern begrüssen. Die Freude über einen Anlass, der lange geplant war und endlich physisch durchgeführt werden konnte, war sehr gross. Pünktlich um 08.30 Uhr hiessen wir die ersten Gäste zu Kaffee und Gipfeli willkommen. Schnell füllte sich das Foyer mit allen Teilnehmenden. Nebst den zahlreichen Mitgliedern des VSPB waren auch ein paar externe Interessierte anwesend. Beste Voraussetzung für eine spannende Diskussion, die später folgen wird.
Der Startschuss fiel um 09.30 Uhr mit der Eröffnungsrede der Präsidentin Johanna Bundi Ryser. Die Überleitung zu den Referaten und die gesamte Moderation übernahm der Kommunikationsleiter der Kantonspolizei Basel-Stadt Adrian Plachesi. Ein grosses Dankeschön an dieser Stelle an Adrian für den stets souveränen Auftritt. Kompliment auch dem Verbandssekretariat für die perfekte Planung und Durchführung des Anlasses. Dank euch lief alles wie am Schnürchen.
Ohne Sponsoren könnte das Forum gar nicht stattfinden. Deshalb: Herzlichen Dank an Brunner Medien, CAP Rechtsschutz, Bank Cler, Groupe Mutuel, Mercedes Benz Schweiz, Zurich und Ruag. Für viel Abwechslung sorgten die spannenden Ansichten der geladenen Referierenden. Dass sie sich nicht immer einig waren und unterschiedliche Herangehensweisen in Bezug auf die Digitalisierung hatten, war klar. Das zeigte deutlich die zum Schluss geführte Podiumsdiskussion, welche mit viel Herzblut, aber auch Witz und gegenseitigem Respekt den krönenden Abschluss darstellte.
Nachfolgend ein paar Aussagen der Referierenden zu diesem Thema.
Nächstes Forum 07.11.2023
Johanna Bundi Ryser, Präsidentin VSPB
Um für die künftigen Herausforderungen in der Polizeiarbeit und für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung gerüstet zu sein, braucht die Polizei zeitgemässe Arbeitsbedingungen und die entsprechenden Einsatzmittel. Die Pandemie hat die bestehende Entwicklung hin zur Digitalisierung von Arbeitsprozessen stark beschleunigt. Auch für die Polizei ist die Digitalisierung ein Begriff, der an Bedeutung gewinnt. Diese Tatsache hat den Verband Schweizerischer Polizei-Beamter dazu veranlasst, das Thema näher zu beleuchten und den Fokus auf die Entwicklung zu richten. Welche Auswirkungen hat die fortschreitende Digitalisierung auf die zukünftige Arbeit der Polizistinnen und Polizisten und für die Mitarbeitenden der Polizei? Ist sie tatsächlich ein Mehrwert für die Sicherheit oder letztendlich nur eine Zeiterscheinung? Im Zusammenhang mit der Definition von Digitalisierung kann man feststellen, dass diese äusserst facettenreich ist und in den unterschiedlichsten Bereichen Anwendung findet. Eines ist sicher, die Digitalisierung in der Arbeitswelt, also auch bei der Polizei, in der Verwaltung oder in behördlichen Betrieben, lässt sich nicht aufhalten. Ein Beispiel dafür ist das mobile Arbeiten. Digitale Kommunikation und die Bearbeitung von dienstübergreifenden Dossiers sind von zentraler Bedeutung. Nur so können die mit der Fallbearbeitung betrauten Mitarbeitenden möglichst effizient und effektiv ihre Aufgaben erfüllen. Es ist davon auszugehen, dass immer mehr analoge Inhalte und Prozesse in digitale Formen umgewandelt werden. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ist es wichtig, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen und sie zum Beispiel für die Kriminalitätsbekämpfung nutzbar zu machen. Dafür ist die Aneignung und Vermittlung von digitaler Kompetenz von grosser Bedeutung. Hier ist in Zukunft wichtige Kompetenzvermittlung gefragt und gleichzeitig die Bereitschaft, das erlangte Wissen im Alltag umzusetzen.
Akif Ekin, Gründer Ekin AG
Routinearbeiten nehmen zunehmend einen Grossteil der Arbeitszeit der Polizei in Anspruch. Zeit, die bei der eigentlichen Arbeit für Prävention, Sicherheit und Ordnung fehlt. Es wird von der Polizei erwartet, Zusammenhänge bei Übertretungen, Vergehen und Verbrechen mit herkömmlichen analogen Methoden zu erkennen und zeitgleich Informationen mit Kollegen auszutauschen. In einer immer schnelleren, volldigitalen Welt führt dies zu unnötigen Überstunden, Fehlern und letztlich zu Überlastung und Frust zu Lasten der Mitarbeitenden. Mit der Digitalisierung muss die tägliche Arbeit spürbar erleichtert
werden. Die Aufnahme von Straftaten muss in der heutigen Zeit digital unterstützt werden. Diese Informationen müssen zu jeder Zeit den polizeilichen Sachbearbeitenden mobil und ortsunabhängig verfügbar sein, nur so können Informationen schnell und zuverlässig ausgetauscht werden. Zunehmend werden in Ermittlungsverfahren immer grössere Datenmengen ausgewertet. Kriminalität entwickelt sich insbesondere auf der digitalen Ebene rasant weiter und Diebstahl und Betrugsfälle finden immer mehr im Internet statt. Nur mit digitalen Mitteln können zuverlässige Analysen und deutliche Vorhersagen getroffen werden, um Kriminalität wirksam zu bekämpfen und um Unfälle zu verhindern. Dies muss im Rahmen des Datenschutzes mit der Wahrung der Privatsphäre erfolgen. Oftmals wissen Instagram und Facebook weitaus mehr, als der Staat sammeln und verwenden darf.
Holger Gadorosi, Gesamtprogrammleiter Programm Polizei 20/20
Polizeien aller europäischen Länder stehen vor wachsenden Herausforderungen, insbesondere aufgrund diverser Krisenherde und sich wandelnder Kriminalitätsformen. Diesen gilt es adäquat zu begegnen. Zur
effektiven Kriminalitätsbekämpfung in einem zunehmend digitalisierten Raum muss die polizeiliche Informationsarchitektur den Anforderungen an eine moderne Polizeiarbeit genügen: flächendeckende und mobil nutzbare Anwendungen, effiziente Ausgestaltung der Prozesse sowie ständiger, unmittelbarer und aktueller Informationsaustausch zwischen den Polizeien, national und international. Vor diesem Hintergrund wurde in Deutschland das Programm Polizei 20/20 initiiert. Hierbei handelt es sich um ein föderales Programm, bei dem alle Polizeien des Bundes und der Länder ein gemeinsames, zeitgemässes und einheitliches Informationssystem aufbauen. Das Programm verfolgt drei strategische Ziele: Verfügbarkeit polizeilicher Informationen verbessern, Wirtschaftlichkeit erhöhen und Datenschutz durch Technik stärken. Polizei 20/20 geht zurück auf die Saarbrücker Agenda (2016), in der die Innenminister des Bundes und der Länder die Informationsarchitektur der deutschen Polizei als essenziell für die innere Sicherheit beschrieben. Um dieses Zielbild umzusetzen, arbeiten bereits heute mehr als 30 Projekte in der gesamten Bundesrepublik Deutschland parallel.
Dr. Alexander Mertes, Leiter Fachstelle für Public Performance Management & Digital Transformation, ZHAW
Die digitale Transformation in der Schweiz nimmt im öffentlichen Sektor weiter Fahrt auf. Im internationalen Vergleich legt die Schweiz gemäss dem E-Government-Benchmark der EU 2020 leicht zu (aktuell Rang 29 von 36). Nachholbedarf hat die Schweiz weiterhin bei den sogenannten Basisdiensten, insbesondere beim Einsatz einer elektronischen Identität, authentischen Quellen (z. B. vorausgefüllte Formulare) sowie im Bereich der Transparenz. Auch das Management in öffentlichen Verwaltungen wird von der Digitalisierung beeinflusst. Sprach man noch vor 20 Jahren vom New Public Management, stehen heute die smarte und agile Verwaltung im Fokus von Wissenschaft und Praxis. Neben den klassischen Zielen der Effizienz- und Effektivitätssteigerung nimmt die Kundenzentrierung eine zentrale Rolle bei den öffentlichen Dienstleistungen ein. Auch die Polizeiarbeit wird von der Digitalisierung beeinflusst. Studien der letzten zehn Jahre zeigen den Einfluss neuer Technologien auf das Management, die Kultur und das Verhalten von Polizistinnen und Polizisten im Einsatz.
Dr. Dominika Blonski, Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich
Was hat Digitalisierung mit Datenschutz zu tun? Und wieso muss das Thema Datenschutz und allenfalls die Datenschutzbehörden bei Digitalisierungsprojekten einbezogen werden?
Datenschutz ist als Grundrecht ein wichtiger Pfeiler der Demokratie. Denn dieses Grundrecht ermöglicht eine freie Meinungsbildung und -äusserung und schützt vor Manipulation. Wird dieses Grundrecht nicht gewährleistet, verliert die Bevölkerung ihr Vertrauen in die Tätigkeiten der staatlichen Institutionen. Deshalb ist gerade auch bei Digitalisierungsprojekten im Bereich der Sicherheit der Datenschutz einzubeziehen, um damit eine solide, vertrauenswürdige und zukunftsorientierte Digitalisierung sicherzustellen. Die Datenschutzgesetze halten die dafür notwendigen Rahmenbedingungen und Grundsätze fest und sehen zielführende Instrumente sowohl der Datenbearbeitenden als auch der Datenschutzbehörden vor wie beispielsweise die Datenschutz-Folgenabschätzung und die darauffolgende Vorabkontrolle durch die oder den Datenschutzbeauftragte/-n. Dabei werden sowohl juristische wie auch organisatorisch-technische Aspekte berücksichtigt. So können wir gemeinsam eine digitale Zukunft gestalten, die einen Mehrwert für die Sicherheit schafft.
Pascal Lüthi, Kommandant Kantonspolizei Neuchâtel
Stellt die Digitalisierung in der Polizeiarbeit einen Mehrwert für die Sicherheit dar? Warum diese Frage stellen, wenn die Digitalisierung seit mehr als 25 Jahren im Gange ist und uns nolens volens ebenso verändert wie die Wirtschaft, die sozialen Beziehungen, die kriminellen Vorgehensweisen und die militärischen Operationen? Unsere Polizeistationen sind heute hypervernetzte Computerzentren, unsere
Fahrzeuge sind mit Sensoren und mobilen Büros ausgestattet und unsere Beamten im Aussendienst sind online mit unseren Datenbanken und unseren Kontrollorganen verbunden. Unsere Mittel und unser Personal für die Entwicklung und Pflege unserer digitalen Infrastruktur und Anwendungen werden ständig aufgestockt. Infolgedessen nimmt auch die Komplexität unseres Polizeisystems zu, und Komplexität ist oft der Feind der Sicherheit! Die Frage ist also nicht, ob die Digitalisierung einen Sicherheitsmehrwert bringt,
sondern wie sichergestellt werden kann, dass sie diesen trotz der Komplexität, trotz der Kosten und trotz der neuen Risiken schafft. Schliesslich ist der Mehrwert der Sicherheit nicht nur eine Frage der Effizienz der polizeilichen Arbeit, sondern auch der komplexeren Fragen im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit und Legitimität unseres Handelns, um das hohe Mass an Vertrauen, das uns die Bevölkerung und die Behörden entgegenbringen, zu erhalten und auszubauen.
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